Magazin: CD-Kritiken
Portrait Jan Ekier

Details zu Portrait Jan Ekier: Jan Ekier, Klavier

Portrait Jan Ekier: Jan Ekier, Klavier

Ein Chopin von mondrianesker Schlichtheit, Szymanowski als ungelöstes Rätsel

Jan Ekier destilliert Chopins Romantik zwischen Nocturnes und Scherzos und peitscht uns admirabel durch Szymanowskis 'Schéhérazade'.

Zwei Komponisten sind auf dieser Platte vereint, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Fryderyk Chopin, wie das polnische DUX-Label naturgemäß schreibt, und Karol Szymanowski. Interpretiert werden sie von einem dritten Polen: Jan Stanis?aw Ekier, geboren 1913 in Krakau, gestorben kurz vor seinem 101. Geburtstag im August 2014 in Warschau, war Herausgeber der Nationaledition der Werke Chopins. Es handelt sich um Aufnahmen für den polnischen Rundfunk aus den Jahren 1954 bis 1972, was Chopin angeht, und vom 10. März 1978 im Fall der Werke Szymanowskis.

Mit dem Beginn der ersten von Szymanowskis vier Mazurkas, Opus 50, erhebt sich eine derart andere Welt, wie man es sich nur vorstellen kann. Man denkt an die Jahrzehntausende, in denen Neanderthaler und andere Frühmenschen in etwa die gleichen Faustkeile, Kleinidole und Höhlenzeichnungen anfertigten. Hier hat es in einem guten halben Jahrhundert eine radikale Entwicklung der Mazurka-Form gegeben, zwischen zwei Komponisten, die die populären Ursprünge der Form noch beide gekannt haben dürften.

Rhythmisch konsequent

Mazurkas von Chopin hat Jan Ekier freilich nicht eingespielt auf dieser Platte. Sein Chopin-Programm besticht durch seine Symmetrie. Den beiden ausgewählten Scherzos in b- und cis-Moll geht jeweils eine Serie leichterer Formen voraus, erst Nocturnes und Etüden und die Des-Dur-Berceuse, dann drei Walzer, die man sich offenbar nicht zu anspruchslos denken soll. Ekier verleiht auch ihnen eine rhythmische Konsequenz, die ihrem teils etüdenhaften Charakter angemessen ist. Dasselbe widerfährt dem glockenartigen zweiten Scherzo. Ansonsten ist dieser Chopin von fast mondrianesker Schlichtheit und Geometrie, da ist weder viel Pathos noch überwältigende Emotion. Dadurch kommen aber auch die kindlich-naiven Teile besser zur Geltung und können bruchlos in die größere Form eingeschmolzen werden.

Im Zentrum des Szymanowski-Teils der CD steht wiederum ein Werk von größerem Gewicht: „Schéhérazade“ aus dem Zyklus „Masques“ ist ein Gespinst aus wohlklingenden Verkettungen, die Ekier angemessen unordentlich entwirrt, so dass man genau versteht, wozu der „hängende“ Charakter des Stückes dient, was er aussagen soll. Freiheit in Gebundenheit? Admirabel peitscht uns Ekier hin und her durch die Schleier und Ketten dieser märchenhaften Erzählerin. Andere Szymanowski-Stücke verlieren sich etwas in einem grenzenlosen Experiment. Aber das ist vielleicht der Charakter dieser Musik.


Matthias Nikolaidis, 11.01.2023

Label: DUX
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Repertoirewert: 



Video der Woche:

Rubinstein spielt Chopin - Etude As-dur op.25 Nr 1

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