Magazin: CD-Kritiken
Busoni: Elegien, Toccata

Busoni: Elegien, Toccata: Peter Donohoe, Klavier
Spielfreudig
Peter Donohoe wirft sich voller Verve in Busonis Klaviermusik.
1990 legten EMI Peter Donohoes Live-Aufnahme von Ferruccio Busonis Klavierkonzert von den Londoner Proms 1988 vor – eine jener Veröffentlichungen, die dem damals 37-jährigen Pianisten den Durchbruch bereiteten. Erst im Februar 2021 kehrte er mit der Klaviermusik Busonis ins Studio zurück. Die sieben Elegien und die sechste Sonatine werden umrahmt von zwei Toccaten – der verhältnismäßig späten von 1921 und der Transkription von Bachs BWV 564 aus dem Jahr 1899.
Donohoes pianistische Fähigkeiten stehen außer Frage, wir haben hier einen Musiker von langjähriger Erfahrung, der weiß, wie er auch teilwiederholte Phrasen variiert, weiterentwickelt. Sein Spiel hat Kraft, Wärme, ist in Dynamik, Agogik und Phrasierung reich an vielen feinen Facetten, und vor allem hat er ein klares dramaturgisches Konzept.
Dieses Konzept entspricht allerdings nicht immer den kompositorischen Intentionen. Die Vorschrift des Beginns der späten Toccata lautet eindeutig „Staccatissimo“ – bei Donohoe hören wir perlende Läufe, feines Legato, also fast das Gegenteil von dem, was im Notentext steht. Dass Donohoe später auch in der Artikulation sein Repertoire weitet, steht der Musik gut an, und vor allem überzeugt er durch den in sich schlüssigen Drive, den seine Interpretation auszeichnet. Wenn auch dieser stilistisch an Busoni, gerade am späten, vorbei geht. Auch in der Bach-Toccata ‚konventionalisiert‘ Donohoe Busoni, ignoriert viele dynamischen Angaben im Notentext, bietet eine auch in der Artikulation eher geglättete Darbietung.
Funkeln und blitzen
Voller Spielfreude wirft sich Donohoe in die ‚Kammer-Fantasie‘ über ‚Carmen‘ (Sonatine Nr. 6, 1920) – hier funkelt und blitzt es, die Vielfalt seines Anschlags und seines Pedalgebrauchs kommt in schönster Weise zur Geltung. Das ‚Fantastische‘ des Beginns der Habanera ist beeindruckend. Doch klingen umgekehrt manche Übergänge merkwürdig unorganisch, teilweise fast grob, eignet der Wiedergabe irgendwie etwas Angelerntes, noch nicht vollständig Internalisiertes. Wer Roland Pöntinens Einspielung (cpo) kennt, wird den Unterschied schnell bemerken – das hat wenig mit spieltechnischen Hürden zu tun, sondern damit, ob die Interpretation hinreichend Zeit hatte zu reifen.
Die Sieben Elegien (1907/1909) sind hörbar Zentrum der Einspielung – bei den spieltechnisch vielleicht weniger anspruchsvollen, dafür interpretatorisch spannenden und wichtigen Werken ist Busoni einerseits in der Nachfolge Liszts, andererseits ganz der Komponist der Moderne (und Gegenpol Schönbergs). Donohoe tut es gut, sich verstärkt auf die strukturellen Aspekte der Musik konzentrieren zu können. Dass aber auch hier Pöntinen die Musik deutlich stärker durchdringt, mystische, fantastische, transzendierende Aspekte stärker herausarbeitet, deklassiert Donohoe zu einer soliden, keiner großen Leistung. Aufnahmetechnisch ist die Chandos-Einspielung tadellos, der Booklet stammt von dem Busoni-Fachman Antony Beaumont.
Dr. Jürgen Schaarwächter, 14.10.2022
Interpretation:
Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |