Magazin: CD-Kritiken
Messiaen: Vingt Regards sur l'Enfant-Jésus

Messiaen: Vingt Regards sur l'Enfant-Jésus: Alfonso Gómez, Klavier
Klavieristische Theologie
Alfonso Gómez überzeugt gänzlich mit seiner Exegese der 'Vingt Regards sur l?Enfant-Jésus' von Olivier Messiaen.
Mit der Herausgabe der 2020 beim Label Kairos erschienenen Gesamteinspielung von Olivier Messiaens Klavierzyklus „Vingt Regards sur l’Enfant-Jésus“ durch den spanisch-deutschen Pianisten Alfonso Gómez ist ein großer Wurf gelungen. Seit den Referenzaufnahmen von Yvonne Loriod und John Ogdon hat es bereits einige zyklische Aufnahmen des an Komplexität wie Virtuosität überreichen Werks gegeben, die größtenteils von überzeugender Qualität sind. An die Beiträge dieser reichen Interpretationsgeschichte knüpft Gómez bruchlos an und überbietet sie in einigen Aspekten sogar noch.
Was der Pianist hier vollbringt, verdient höchsten Respekt – spieltechnisch souveräner, formgestaltend intelligenter und klanglich differenzierter vermag man dieses Mammut-Opus wohl kaum spielen. Gómez, der eine Professur für Klavier mit Schwerpunkt Neue Musik an der Hochschule für Musik Freiburg innehat, weist sich in Anbetracht seiner interpretatorischen Kompetenzen, mit der er der kompositorischen und nicht zuletzt teleologisch aufgelandenen Mehrdimensionalität der Werkdramaturgien begegnet, als bedeutender Messiaen-Exeget aus.
Eine Besonderheit der Darbietung scheint darin zu liegen, dass Gómez es versteht, den (leit)motivischen Beziehungsreichtum nicht nur innerhalb der einzelnen Stücke, sondern zyklisch verbindungsstiftend herauszustellen. Wer mehrere dieser rezeptiv wahrlich nicht einfachen Stücke hört, wird sicherlich bemerken, wie diese unter Gómez Händen gleichsam miteinander in Kommunikation treten. In diesem Punkt der Profilierung eines Verweischarakters zwischen den Stücken wird die Besonderheit der Aufnahme im Verbund der bereits vorliegenden Einspielungen offensichtlich. Der Hörer wird hier bei aller Sperrigkeit (und teilweisen Überforderung) der Messiaenschen Klangsprache angehalten, zyklisch übergreifende Entwicklungsprozesse der Stimmungen, Szenen und Wandlungen wahrzunehmen. Hierin liegt der große Verdienst der pianistischen Leistungen Gómez’, die diese großartige Doppel-CD dokumentiert. Liebhabern bedeutender Klaviermusik des 20. Jahrhunderts sei sie daher unbedingt empfohlen.
Dr. Kai Marius Schabram, 08.09.2023
Interpretation:
Klangqualität: Repertoirewert: |
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