Claire Huangci
Claire Huangci malt mit fein gemischten Farben
"Ich möchte die Menschen mitnehmen in das Märchen und das Drama"

Die amerikanisch-chinesische Pianistin Claire Huangci hat in jungen Jahren bereits eine Reihe von Erfolgen vorzuweisen, unter anderem ein vielbeachteter zweiter Platz beim ARD Musikwettbewerb 2011. Soeben wird bei Berlin Classics ihre erste CD veröffentlicht: Klaviertranskriptionen von Tschaikowskys Ballett ?Dornröschen? und Prokofjews ?Romeo und Julia?. Zum Interview erscheint sie in der Musikhochschule Hannover, wo sie bei Ari Vardi studiert. Dabei ist die zierliche 23-jährige nicht nur freundlich, sondern ganz locker und entspannt. Im Gespräch mit klassik.com-Autor Jan Kampmeier zeigt sich ihr unverkrampfter Blick auf die Welt der schwarzen und weißen Tasten ? und weit darüber hinaus.
Sie werden zurzeit vermutlich Tag und Nacht über Ihre neue Platte ausgefragt. Finden Sie das gar nicht anstrengend?
Das ist okay, mir fällt immer was Neues ein. Und so viel ist es auch gar nicht, nicht wirklich anstrengend. Ich lese viele Artikel online auf klassik.com, Rezensionen zu Konzerten und CDs, daher bin ich ganz aufgeregt, dass ich jetzt selbst dabei sein soll.
Im Beiheft haben Sie auch geschrieben, die Stücke erlaubten Entdeckungsreisen jenseits der gewöhnlichen Grenzen des Klavierspielens. Was haben Sie damit gemeint und was sind die gewöhnlichen Grenzen?
Für mich heißt das, dass ich in diesen Werken anders spiele als zum Beispiel in einer Beethoven-Sonate. Oder Schubert, Mozart. Dies sind Orchesterwerke, also muss man sich vorstellen, wie man zum Beispiel den Klang einer sehr hohen Klarinette imitieren kann oder einen ganz tiefen Kontrabass. Man kann das über verschiedene Anschlagsarten erreichen. Manchmal von sehr weit oben, oder mit der Seite des Fingers, was ich sonst niemals tun würde, unter normalen Umständen. Ich habe unheimlich viel probiert, wie man die Tasten berühren kann, um einen bestimmten Klang zu erreichen. Ein winziger Unterschied kann im Kontext ein riesiger Unterschied sein.
Wenn ich Ihre Hände anschaue, dann sind sie nicht besonders groß. Man sagt zum Beispiel über Rachmaninow, dass er riesige Pranken gehabt habe, ebenso wie viele andere berühmte Pianisten. Haben Sie es da nicht noch schwerer?
Ja, meine Hände sind sehr klein, und manchmal habe ich es schwer. Besonders die Prokofjew-Suite ist ganz sicher ein Stück für große Hände. An vielen Stellen habe ich gemerkt: Wenn ich größere Hände hätte, wäre das jetzt viel einfacher. Aber das sind dann Herausforderungen, die ich gerne annehme. Ich denke nicht gerne, kleine Hände seien ein Handicap, sondern versuche damit fertig zu werden, indem ich verschiedene Techniken ausprobiere und die Handstellung verändere. Es ist manchmal besser, kleine Hände zu haben, manchmal große ? jede Handgröße hat ihre Vorteile. Bei diesen Stücken habe ich jedenfalls einen Weg gefunden, sie auch mit meinen kleinen Händen zu spielen.
Wie lange haben sie an ihrer Platte gearbeitet? Haben Sie die Stücke auch vorher schon gespielt?
?Dornröschen? spiele ich jetzt seit zwei Jahren, ich habe es 2011 gelernt. Mit dem Prokofjew hatte ich gerade angefangen, als wir über das Repertoire der CD entschieden haben. Das war aber ein sehr langer Prozess. Ich habe mit Berlin Classics schon letztes Jahr im Mai gesprochen, im Juni oder Juli haben wir uns dann auf ein Repertoire geeinigt. Die Aufnahmen waren dann schon im November. Jetzt haben wir schon wieder fast September, ist also schon eine ganze Weile her. Ich habe ?Dornröschen? schon viel im Konzert gespielt, Prokofjew erst seit dem Sommer vor der Aufnahme. Er war also noch etwas frischer. Das hat aber keinen großen Unterschied ausgemacht. Ich weiß zwar, dass viele Künstler ein Stück erst aufnehmen, wenn sie es viele Jahre im Konzert gespielt und wirklich verinnerlicht haben. Aber ich bin mit den Orchestersuiten aus ?Romeo und Julia? aufgewachsen. Bevor ich die Klavierfassung sah, wusste ich also sehr genau, wie es für Orchester klingt.
Das Gespräch führte Dr. Jan Kampmeier.
(08/2013)