Kurt Leimer
Die Kurt Leimer Stiftung schaut nach vorn und kümmert sich mit der Förderung des pianistischen Nachwuchses um das Morgen
"Es ist mein großer Wunsch, die Werke von Kurt Leimer wieder aufzuführen"

Der Pianist, Komponist und bedeutende Klavierpädagoge Kurt Leimer war seinerzeit ein hoch geachteter Musiker. 1920 in Wiesbaden geboren, machte Leimer als viel versprechender Pianist auf sich aufmerksam und wurde in seiner Jugend von musikalischen Größen (Gieseking, Schuricht, Furtwängler) gefördert. Vor allem in der Nachkriegszeit trat er als Klaviervirtuose mit den Größen seiner Zeit auf; zudem machte er auch als Komponist von sich reden: Sein "Konzert für die linke Hand" wurde mit Herbert von Karajan und den Wiener Philharmonikern 1953 zur Uraufführung gebracht, das 4. Klavierkonzert zusammen mit Leopold Stokowski in der New Yorker Carnegie Hall. Doch schon bald nach seinem frühen Tod 1974 geriet Kurt Leimer in Vergessenheit. Ihn als Interpret wie auch als Komponist wieder ins Blickfeld einer größeren Öffentlichkeit zu rücken, ist unter anderem Ziel der Kurt Leimer Stiftung. Vor allem aber fördert sie den pianistischen Nachwuchs. Dieses Jahr (31.01.-04.02.2011) findet der Klavierwettbewerb zum dritten Mal statt. klassik.com-Redakteur Tobias Pfleger sprach mit Kurt Leimer jr, dem Sohn des Pianisten, und Matthias von Orelli über den Interpreten Kurt Leimer wie auch den pianistischen Nachwuchs, der beim Kurt Leimer Klavierwettbewerb antritt.
Die Kurt Leimer Stiftung verfolgt eine doppelt Ausrichtung: Mit der Wiederveröffentlichung von Tonträgern und Filmaufnahmen von Kurt Leimer werfen Sie einen Blick zurück, mit der Ausrichtung eines Klavierwettbewerbs fördern Sie junge Künstler.
Leimer jr.: Ein wichtiger Punkt ist, dass mein Vater selbst Stipendiat war. Er konnte nur deshalb in Berlin studieren, weil er ein Stipendium bekommen hat. Da war die Idee für unsere Familie natürlich nahe liegend, auch wieder etwas für die Förderung junger Pianisten zu unternehmen, denn das ist direkt mit der Karriere meines Vaters verbunden.
Wann entstand die Idee, eine Stiftung ins Leben zu rufen?
Leimer jr.: Der genaue zeitliche Startpunkt der Stiftung lässt sich gar nicht mit einem bestimmten Datum verbinden. Sie müssen sich vorstellen: Mein Vater ist 1974 gestorben, nachdem er vier Jahre krank war. Das war für uns als Familie natürlich dramatisch; ich war damals gerade einmal 13 Jahre alt. Wir haben dann den gesamten Nachlass meines Vaters erst einmal beiseite geschoben. Er wurde dann im Speicher des Hauses meiner Mutter vom Jahr 1974 aufbewahrt bis wir das Musikwissenschaftliche Institut der Universität Zürich kontaktiert haben mit dem Ziel, von einem Musikwissenschaftler eine Meinung über den Nachlass zu bekommen. Wir waren als Familie total überfordert mit der Fragestellung: Wie gut ist das Werk meines Vaters? Lohnt es sich, das überhaupt wieder zugänglich zu machen? Dort wurde dann alles durchgearbeitet, und anschließend hat man uns dann dringend empfohlen, damit etwas zu machen. Das hat dann schließlich zur Gründung der Stiftung geführt. Wir haben dann den Nachlass der Musikabteilung der Zentralbibliothek Zürich übergeben ? es ist ja gar nicht so einfach, einen geeigneten Nachlassverwalter zu finden. Die haben dann den ganzen Nachlass ? alle Manuskripte, Briefe etc. ? sorgfältig aufgearbeitet, und wir waren sehr froh, für den Nachlass eine sehr gute und sorgfältige Verwahrungsstelle gefunden zu haben.
Die Manuskripte von Kurt Leimers Kompositionen liegen in der Zürcher Zentralbibliothek vor. Gibt es seitens der Stiftung Bestrebungen, die Werke im Druck herauszugeben, vielleicht sogar in einer kritischen Ausgabe?
v. Orelli: An dieser Stelle wäre wichtig, die Strukturierung und Aufgabenverteilung der Stiftung zu erläutern. Die Administration der Stiftung ist so angelegt: Eine Beratungsfirma, für die ich arbeite, hat das Mandat übernommen und damit die administrativen Aufgaben der Stiftung. Wir sind Musikwissenschaftler und sind gerade dabei, aus den Notenmanuskripten druckfertige Stimmen und Partituren zu machen, die dann auch als Aufführungsmaterial dienen können. Von einer kritischen Ausgabe würde ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht sprechen. Es geht jetzt erst einmal darum, aus den Manuskripten modernes Notenmaterial herzustellen, auch Klavierauszüge, die man dann später für Aufführungen nutzen kann. Momentan sind z.B. Ausgaben von sämtlichen Klavierkonzerten von Kurt Leimer im Entstehen begriffen.
Kurt Leimer war für seine Generation insofern ein typischer Pianist, als er zugleich komponierte, wie etwa Eduard Erdmann, Eduard Steuermann oder auch Edwin Fischer. Gab es bei Kurt Leimer zwischen den beiden Professionen eine Rangabstufung? War Kurt Leimer eher klavierspielender Komponist oder komponierender Klaviervirtuose ? oder beides zugleich?
Leimer jr.: Das stand wahrscheinlich beides gleich nebeneinander.
v. Orelli: Den Eindruck habe ich auch. Wenn man sieht und hört, wie Kurt Leimer komponiert hat, stellt man fest, dass Bestrebungen dahinterstanden, sehr originelle Kompositionen zu schaffen. Ich denke schon, dass beide Tätigkeiten einen ähnlich hohen Stellenwert eingenommen haben: das Spiel und auch die Komposition.
Leimer jr.: Das eine ist auf das andere bezogen. Wenn man etwa das ?Konzert für die linke Hand? betrachtet: Mein Vater hat sich selbst wahnsinnig hohe technische Herausforderungen gestellt, und seine Werke sind ja auch eine große Herausforderung an das Technische. Das kann man bei meinem Vater nicht auseinanderdividieren.
Das Gespräch führte Dr. Tobias Pfleger.
(01/2011)