Martin Helmchen

Martin Helmchen möchte als "Artist in Residence" des Berliner Konzerthauses Eindruck machen

"Ich habe mit Schumann gekämpft"

Photo: Marco Borggreve


Pianist Martin Helmchen ist gerade groß im Kommen. 2001 gewann der gebürtige Berliner den renommierten Clara-Haskil-Wettbewerb in der Schweiz, 2006 bekam er den "Credit Suisse Young Artist Award" und den Echo-Preis als Nachwuchskünstler des Jahres verliehen. Seit 2007 steht er exklusiv beim holländischen Label Pentatone unter Vertrag. Zwei CDs sind dort bisher erschienen: im letzten Dezember eine Aufnahme mit Mozart-Klavierkonzerten, in diesem September sein Solo-Debüt mit Werken von Schubert. In der aktuellen Konzertsaison ist Martin Helmchen darüber hinaus als "Artist in Residence" im Konzerthaus Berlin zu Gast. Für klassik.com unterbrach der vielbeschäftigte 25jährige im Berliner Prenzlauer Berg eine Kammermusik-Probe mit der Klarinettistin Sharon Kam, um über seine Ausbildung, sein Repertoire und seine neue spannende Rolle im Berliner Konzertleben zu plaudern.

Herr Helmchen, in einem Interview haben Sie einmal erzählt, dass Sie Ihrer früheren Klavierlehrerin Galina Hillenhagen-Iwanzowa mit Abstand am meisten zu verdanken haben?

Habe ich das gesagt? Nun, das möchte ich relativieren. Meine Ausbildung beruht auf drei Säulen, die gleichermaßen wichtig für mich waren und sind: Arie Vardi, mein jetziger Lehrer in Hannover, Galina Iwanzowa und die Kammermusik. Entscheidende Anregungen habe ich da vor allem vom Cellisten Boris Pergamenschikow erhalten. Ohne diese drei Lehrer wäre ich nicht dort angekommen, wo ich jetzt stehe.

Galina Hillenhagen-Iwanzowa, bei der Sie an der Hanns-Eisler-Musikhochschule studiert haben, gilt als herausragende Förderin junger Talente. Wie hat sie Sie unterrichtet, wie sah Ihr Erfolgsgeheimnis aus?

Es wird ja häufig gesagt, dass es so etwas wie die Russische Schule nicht mehr gibt, doch bei Iwanzowa ist sie, würde ich sagen, jedenfalls teilweise lebendig. Sie hatte früher direkt bei Heinrich Neuhaus Unterricht gehabt. Bei ihr ging es vor allem darum, wie Bewegungsabläufe zu Klang werden. Es ging um physische Dinge, motorische Dinge, Gewichtstechnik - um alles, was für das Klangideal, für einen weichen großen Klang, wichtig war. Sie hat dabei immer sehr viele Bilder und Assoziationen verwendet.

Wann haben Sie Boris Pergamenschikow kennengelernt?

Da muss ich 16 Jahre alt gewesen sein. Er unterrichtete an der gleichen Hochschule. Einen seiner Schüler, Danjulo Ishizaka, habe ich damals bei einem Cellowettbewerb begleitet, weil sein Korrepetitor ausgefallen war. Das war für mich der glückliche Einstieg, dadurch hatte ich die ersten Stunden bei Pergamenschikow. Ich spielte dann auch mit den anderen seiner Studenten. Und als mal ein Student ausfiel, hat Boris dessen Part übernommen, sodass ich in den Genuss kam, mit ihm gemeinsam zu spielen. Wir haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden.

Haben Sie mit Pergamenschikow auch gemeinsame Konzerte gegeben?

Zumindest haben wir angefangen, das zu planen. Leider war er damals schon sehr krank und musste im Nachhinein viele Termine absagen. Ich habe nur ein ganzes Recital mit ihm zusammen gespielt - in Stuttgart beim Bachfest (Pergamenschikow verstarb 2004 - Anmerkung d. Red.)

Acht Jahre Ihres Lebens hatten Sie bei Hillenhagen-Iwanzowa Klavierunterricht. Wie konnten Sie das mit dem ?normalen? Unterricht am Gymnasium vereinbaren?

Ich bin aufs Bach-Gymnasium in Berlin-Mitte gegangen, einer Spezialschule für Musik. Da war der Instrumentalunterricht Teil meiner schulischen Ausbildung. Ab der siebten Klasse kann man dort wie ein Jungstudent an die Hochschule gehen. Man hat den Hauptfachunterricht, die Pflicht- und Nebenfächer, Theorie- und Gehörbildung, Chor und Orchester im gleichen Gebäude, wo auch der Mathe- und Physikunterricht stattfindet.

Wie bewerten Sie dieses Konzept der Spezialschule nach russischem Vorbild?

Für mich waren es ideale Bedingungen. Mit Leuten in einer Klasse zu sein, die alle Musiker werden wollten, war einfach wunderbar. Dazu kam, dass ich dort relativ problemlos Abitur machen konnte. Ich glaube, das hätte ich an einer anderen Schule nur mit Ach- und Krach und mit großen Abstrichen beim Klavierspielen geschafft. Auf diese Art musste ich auf überhaupt nichts verzichten. Ich konnte das volle Übungsprogramm beibehalten, inklusive Wettbewerben und kleinen Konzerten. Das war ein Riesengeschenk.

2001 haben Sie den Clara-Haskil-Wettbewerb gewonnen. Danach ging es mit Ihrer Karriere, wie es mir scheint, erstmal eher bedächtig weiter.

Das stimmt. Es gab keinen Über-Nacht-Hype, und darüber war ich auch sehr froh. Doch was mich am meisten gefreut hat: Ich war mir plötzlich sehr sicher, worauf ich mich in Zukunft konzentrieren wollte: auf Schubert und die Wiener Klassik. Es gab dann noch zwei spektakuläre Konzerte, die direkt in Verbindung mit dem Wettbewerb standen: eines mit dem SWR Sinfonieorchester Stuttgart und das ?Debüt im Deutschlandradio? mit dem DSO hier in Berlin. Andere Dinge kamen eher indirekt zustande, der Kontakt zu meiner Schweizer Künstleragentur zum Beispiel. Insgesamt kann ich sagen, hat der Wettbewerb schon einige Sachen angestoßen, die sich dann ausgeweitet haben.

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Das Gespräch führte Felix Stephan.
(09/2008)

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