Dejan Lazic
Dejan Lazic hat Lust an der ungewöhnlichen Konfrontation, vor allem in musikalischen Belangen. Aber auch Repertoire-Schlachtrösser befeuern seine Musizierlust.
"Etwas Mainstream muss manchmal sein"

Nicht oft kommt es vor, dass Solisten einer jungen Generation Wesentliches im Bereich des Kernrepertoires ihres Instrumentes zu sagen haben. Wenn Dejan Lazic, gemeinsam mit dem London Philharmonic Orchestra und Kirill Petrenko, das zweite Klavierkonzert Sergej Rachmaninows einspielt, treffen mit dem kroatischen Pianisten und dem russischen Dirigenten gleich zwei gewichtige Vertreter einer jungen Musikergeneration aufeinander, deren Musizieransätze dem ach so populären Werk spannende Seiten abgewinnen können. Darüber hinaus bereichert Lazic den üppigen Tonträgermarkt mit spannenden Konzeptalben, die interessante Seiten scheinbar gegensätzlicher Komponisten in ein helles Licht rücken. klassik.com stellt den Wahl-Münchner nach einem Treffen in der Bayerischen Landeshauptstadt vor.
Sie waren vor einiger Zeit auf einer ausgedehnten Tournee durch China und Japan - was haben Sie dort gespielt?
Mozart-Klavierkonzerte natürlich - und in den Recitals das Programm meiner letzten CD. Also Werke von Bela Bartok und Angelo Scarlatti.
Wie kommt ein solches Programm beim Publikum in Fernost an?
Nun, es ist sicher nicht ganz leichte Kost für das asiatische Publikum. Rachmaninow und Chopin werden immer geliebt. Wenn Sie jedoch Werke aus dem 20. oder gar dem 21. Jahrhundert aufführen, dann treffen Sie sicher nicht nur auf offene Ohren. Der Trick besteht darin, die Programme gut zu mischen. Ich spiele daher im zweiten Teil dann meist auch die Chopin-Sonate oder ein anderes Stück dieses Komponisten. Scarlatti hingegen ist gar kein Problem.
Sind Sie gerne im asiatischen Raum als Solist unterwegs?
Ja, sehr sogar. Die drei großen Musikmärkte Japan, China und Korea sind für mich immer noch faszinierende Orte. Japan empfinde ich dabei als das vielleicht exotischste Land von den dreien. In China und Korea fühle ich mich sehr schnell zu Hause. Japan hat für mich nie die Aura des Exotischen abgelegt. Es gibt fantastische Säle, eine große Begeisterung für klassische Musik - sogar in der Provinz kommt es vor, dass man nach Recitals eine Stunde oder mehr mit dem Signieren von CDs verbringt. Und das Publikum ist sehr jung. Für eine Meisterklasse in Japan haben sich 450 Studenten angemeldet, und man unterrichtet in einem Saal der Größe des Münchner Gasteigs. In Deutschland geben Sie einen Meisterkurs in einem kleinen Zimmer mit 8 Studenten.
Sie waren für viele Jahre nicht zuletzt als kongenialer Klavierpartner des Cellisten Pieter Wispelwey bekannt. Dann trennten sich Ihre Wege?
Es war mit Pieter Wispelwey eine sehr spannende und fruchtbare Zeit. Wir sind beide starke Musikerpersönlichkeiten, die sehr konsequent Ihre Ziele verfolgen. Das hat sieben Jahre sehr gut zusammen funktioniert - und dann sind wir an einen Punkt gekommen, wo es Zeit für eine Veränderung wurde. Auch meine steigende solistische Tätigkeit überall auf der Welt hat es immer schwieriger gemacht, in der gleichen Enge und Intensität als Duo zusammen zu spielen. Da war eine Trennung nur konsequent.
Sie sind sozusagen als Kammermusiker jetzt frei.
Das kann man vielleicht so sagen. Schon in meiner Zeit als Teenager war mir Kammermusik immer ganz wichtig. Ich habe mit vielen Freunden in ganz unterschiedlichen Besetzungen regelmäßig zusammen musiziert. Ohne einen festen Musikpartner habe ich jetzt wieder etwas mehr die Chance, mit einer Vielzahl befreundeter Musikerkollegen auf Festivals diese Teenagerzeit wieder etwas aufleben zu lassen. Und doch genieße ich die intensive Nachfrage nach mir als Solisten.
Ihre Biografie ist durchaus interessant. Sie wurden in Jugoslawien geboren, wuchsen aber in Österreich auf?
Richtig - geboren wurde ich in Zagreb im damaligen Jugoslawien. Aufgewachsen bin ich später jedoch in Salzburg, wohin meine Eltern kurz vor der politischen Wende ausgewandert waren. Allerdings waren wir bis zu meinem 11ten Lebensjahr in Zagreb.
Und warum wurde es Salzburg?
Eigentlich hat dieser Entschluss zunächst nicht viel mit der Stadt zu tun. Seit ich 10 war, habe ich jeden Sommer das Bartok-Festival in Ungarn besucht, bin dort mit vielen wichtigen Lehrern und Musikern in Kontakt gekommen, habe Unterreicht erhalte und Konzerte gespielt. Hier habe ich u.a. mit Zoltan Kocsis und Peter Eötvös arbeiten können. Dort habe ich auch meinen späteren Lehrer am Salzburger Mozarteum, Imre Rohmann, kennen und schätzen gelernt. Ich wollte nach diesen Sommerkursen unbedingt bei ihm weiter studieren. Zunächst bin ich von Zagreb aus zweimal im Monat mit dem Zug nach Salzburg zum Unterricht gefahren. Als ich 12 war, haben wir dann entschieden, als Familie ganz nach Salzburg zu ziehen. Meine Eltern haben das also vor allem mir zuliebe gemacht.
Das Gespräch führte Frank Bayer.
(02/2009)